Mein Tourenbuch

N

ach einer Schlechtwetterperiode mit Neuschnee bis unter 2000m ist der Sommer vorbei und im Hochgebirge ist der Winter eingezogen. Die Quartierbestellung hält den Optimismus aufrecht und das Wetter ist am Mittwoch auch wie bestellt.
Der Rucksack mit dem "ganzen" Seil ist schwer und die Kondition ist schlechter als voriges Jahr.
Ab 2600m liegt Neuschnee. Wegen der Seuchenangst ist das Lager nur halb belegt - ein Vorteil für die Nachtruhe! Die Küche der Stüdlhütte ist vorzüglich und man könnte mit Vergnügen Nährstoffe einlagern - wenn man kann und keinen nervösen Magen hat im Schatten des Berges der allgemein und dazu aus persönlichen Gründen hoch emotional aufgeladen ist...
2. Tag: Ein herbstlicher Spätsommermorgen aus dem Bilderbuch läßt keine "Wetterausreden" zu! Man läßt die anderen ziehen, die sich später vielleicht sowieso vordrängen. Mit Steigeisen und ohne Seil geht es den oberen Teil des Ködnitzkees über die kleine und große Spalte (bei hartem Firn). In der Wegweiserzeit (also nicht gerade im Seniorentempo, das uns zustehen würde) geht es hinauf zur Adlersruhe.
Keine Wolke am Himmel!
Vor dem Aufschwung unter dem Glocknerleitl trifft jemand eine Entscheidung, die im Moment richtig, aber im Nachhinein unbegründet war und an der ziemlich zäh zu kiefeln ist...
Am Einstieg des Leitls ist mein Auftrieb aus mehreren Gründen wieder ganz schlecht, aber Karl überwindet den Schweinehund (den inneren und den äußeren in Form der vereisten Einstiegsfelsen). Danach rücken wir mit konsequenter Sicherung vor. Mit der Gelassenheit abgebrühter "Alpinpensionisten" lassen wir uns von den Drängeleien, der "Sicherungsstüpfel-Konkurrenz" und den Anfeindungen so mancher Bergführer weder provozieren, noch von der konsequenten Sicherungstechnik (an der sich so mancher einer gewissen Berufsgruppe ein Beispiel nehmen könnte) nicht abbringen. Die Zeit vergeht dabei allerdings schon.
Meine 13. Glocknerbesteigung gelingt erst beim 3. Anlauf, aber sie gelingt! Ein emotionaler Mühlstein fällt von mir ab. Die Rehab nach der Hüftoperation ist erst jetzt wirklich abgeschlossen! Für mich ist dieser Gipfel heute trotzdem nicht perfekt, denn jemand ist nicht dabei, mit dem ich mir das seit Jahren gewünscht habe...
Beim Abstieg vom Kleinglockner verzwickt sich das Seil einmal in einem Spalt, sonst gibt es (dank unserer bereits erwähnten Sicherungstechnik) keine Zwischenfälle. Am Kleinglocknergrat gibt es Stau und Bergführer, aber sonst keine Verzögerungen und Ärgernisse.
Unsere gedachte und versuchte Methode mit dem "Owilossn" mit Seilumlenkung über die Stüpfel bewährt sich nicht.
Langsam, aber sicher erreichen wir "sicheren" Boden und wandern wieder (im Normaltempo) mit kurzer Rast auf der Adlersruhe in einer ruhigen Abendstimmung und im Sonnenuntergang zur Stüdlhütte (auf dem Ködnitzkees eine perforierte Firnbrücke!), wo wir uns noch am Abendbuffet bedienen können (ich esse eine köstliche Hendlhaxe!).
3. Tag: Nach dem Abschwirren der Horden im wolkenlosen Traumwetter machen wir uns auf den Weg hinunter. Nach unten hin nehmen die Warnpfiffe der Murmeltiere und die Nationalpark-Besucherdichte deutlich zu...